Es rappelt im Karton

Das Schöne an der Art, wie ich mich augenblicklich mit Musik beschäftige, ist vor allem die Tatsache, dass ich viel Platz habe. Musikalisch gesehen natürlich. Niemand erwartet von mir, dass ich irgendetwas abliefere. Niemand setzt mir eine Deadline oder sagt mir, wann ich wie lange an welchem Stück arbeiten soll. Das lässt mir unglaublich viel Kreativspielraum. Die Songs fließen derzeit geradezu aus mir heraus, ich probiere ständig neue Dinge aus und freue mich wie ein Schneekönig an dem, was dann dabei heraus kommt. Niemand hetzt mich, niemand setzt mich unter Druck. Na ja, mit Ausnahme meines Freundes Michael vielleicht  😆

Michael mag Musik, keine Frage. Nur eben nicht unbedingt meine. Und wann immer ich auf Facebook androhte, ich würde an einem neuen Titel arbeiten, stellte er mir die alles entscheidende Frage, die in der Regel nur aus einem Wort bestand: „Rock?“ Und ebenso regelmäßig verneinte ich diese. Nun ist das Genre Rock natürlich sehr vielschichtig. Ich mag davon vieles und ebensovieles auch nicht. Michaels Auffassung von Rock unterscheidet sich auch vermutlich extrem von meiner. Während ich mich in meiner AOR-Ecke (AOR = Adult Oriented Rock, ein Schelm der Böses dabei denkt) ziemlich wohl fühle, vermute ich, Michael tendiert eher zum typischen „Auf-die-Fresse-Gitarre“ Rock. Und eben dies ist gewöhnlich nicht mein Ding. Dachte ich zumindest.

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Meine Schwester Jenny

Sehr zu meiner eigenen Verwunderung habe ich mich nämlich nun doch einmal selbst an einem sehr gitarrenlastigen Rockstück versucht. Der Grund hierfür war aber nicht unbedingt Michael. Okay, der auch, ein wenig zumindest. Ausschlaggebend war aber tatsächlich eine junge Dame, die ich lange nicht mehr gesehen oder gesprochen hatte. Vor einigen Tagen traf ich mich in der Stadt mit meiner kleinen Schwester. Ja wirklich, ich habe eine Schwester. Nicht jeder weiß das. De facto ist sie auch nur eine halbe Schwester, denn wir haben nicht die gleiche Mutter. Und wir hatten nicht immer ein besonders gutes Verhältnis zueinander, denn wir sind beide die Kinder unseres Vaters. Und ein Kind unseres Vaters zu sein ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Der eine verarbeitet seine Kindheit einfach, der andere eher nicht. Und um ganz ehrlich zu sein: Der andere bin dabei wohl ich.

Als wir uns also nach langer Zeit wieder trafen und dabei auch wie zwei(!) Erwachsene miteinander sprachen, ist mir einmal mehr aufgefallen, wie sehr ich dieses Mädchen liebe. In ihr steckt so viel Kraft und Energie, sie hat so viel Ehrgeiz, es scheint als hätten sich die wenigen guten Eigenschaften unseres Vaters in ihr konzentriert und ich bewundere sie dafür. Und für die Tatsache, dass sie sich immer wieder dazu durchringen kann, mich an die Hand zu nehmen und mir für einen Augenblick das Gefühl zu geben, es fülle sich langsam eine Lücke in meinem Leben. Blut ist dicker als Wasser, so sagt der Volksmund. Eine Binsenweisheit, aber eine wahre. In meinem Leben war dies wahrlich nicht immer so, meine kleine Schwester jedoch hat mich davon vollends überzeugt. Und vermutlich ist sie daher wohl viel eher meine große Schwester.

Während wir uns also unterhielten, fiel mir ein, dass ich ihr eigentlich gerne einen Song schreiben würde. Ich ahnte, dass dies kein leichtes Unterfangen wird. Was für ein Song sollte das auch werden? Die eintausendsiebenhundertste Ballade in meinem Künstlerdasein? Eher nicht. Und genau in diesem Moment musste ich wieder an meinen Freund Michael denken. Das wär’s doch, eine gescheite Rock-Nummer. Ideal, um das Verhältnis zwischen mir und meiner Schwester auch musikalisch auf den Punkt zu bringen. Nur wie stellt man das an? Meine Rock-Gitarren Kenntnisse sind gelinde gesagt eher spärlich vorhanden, ich besitze nicht mal eine elektrische Gitarre. Aber dank der wunderbaren heutigen technischen Möglichkeiten ist am Ende doch ein veritabler Rock-Song enstanden. Und so spielt in diesem Song nicht nur eine, sondern gleich sieben Gitarren eine Rolle. Dabei habe ich den Bass vorsorglich gar nicht erst mitgezählt. Ohne weitere Verzögerung präsentiere ich euch daher – nicht ohne eine gehörige Portion Stolz – meinen neuesten Song: „Meine kleine Schwester“

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Komponist: André R. Kohl
Texter: André R. Kohl

Du bist so völlig anders
und mir doch so vertraut
und wenn du meine Hand berührst
bekomm‘ ich eine Gänsehaut
Denn durch unsere Adern
fließt das gleiche Blut
und nach all den kalten Jahr’n
tut die Berührung mir so gut

Was sind schon zwanzig Jahre
was ist schon falscher Stolz
Ich musste erst erwachsen werden
um zu seh’n wir sind aus einem Holz
Und all‘ die langen Schatten
aus der Vergangeheit
sind keine Hindernisse
eins ist sicher, jetzt ist unsere Zeit!

ganz egal was passiert
ich will nur das du weißt

Ref.:
Was immer du gerade tust
Wo immer du gerade bist
du kannst dir immer sicher sein
das jemand dich vermisst
Was immer du auch versuchst
Ich laß dich nie mehr allein
Du wirst jetzt und für immer
meine kleine Schwester sein

Ich bin ein Einzelkämpfer
da war kein Platz für dich
Die langen Schatten sind der Grund
warum du stärker bist als ich
Ich hab‘ sie eingeatmet
sie sind ein Teil von mir
und an so machen Tagen
suchte ich die Schuld dafür bei dir

Ein ganz normales Leben
war wohl nicht vorgeseh’n
ich war mir meistens selbst im Weg
wie konnte ich da auch noch dich versteh’n
Und als du mich gebraucht hast
war ich nicht für dich da
ich war wie taub und blind
ich ahnte doch noch nicht mal die Gefahr

ganz egal was passiert
ich will nur das du weißt

Refrain:
Was immer du von mir denkst
was immer du für mich fühlst
ich bin an deiner Seite
wenn du mich da haben willst
Und heute hast du mein Wort
wie tief der Graben auch ist
das du jetzt und für immer
meine kleine Schwester bist

 

P.S.: Die Freunde der härteren Gangart, also vermutlich auch Michael, wird die Nummer wahrscheinlich  nicht sonderlich beeindrucken. Wer aber weiß, wie weichegspült mein Musikgeschmack und meine Art zu Schreiben im Normalfall sind, der weiß auch, wie tief ich mich hier in unbekanntes Gewässer gewagt habe. Und siehe da, er schwimmt …

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