Kann man(n) ja mal machen…

Ein alter Freund hat einmal den folgenden Satz geprägt: „Ich wurde achtzehn, durfte wählen und heiraten. Also ging ich wählen und heiratete.“ Klingt nach einem guten Plan, dachte ich mir. Und ich tat es ihm gleich. Mehr oder weniger. Ich ging wählen, obwohl ich keine Ahnung hatte, und ich ließ mich heiraten. Vermutlich aus demselben Grund.

Ich hatte einen Plan: Ab jetzt wirst du solide, lautetet er. Nachdem ich zwei Jahre lang ohne jegliche Aufsicht durch die Gegegend verkehrte (meine Frau Mama würde sagen, ich war allen Vögeln enthüpft), hatte ich von meinem damaligen Leben die Schnauze voll. Gestrichen voll sogar. Irgendwann trat dann eine neue Dame in mein Leben, die es anscheinend ernst mit mir meinte. Also landeten wir erst im Bett und dann vor dem Traualtar. Mein gesamtes Umfeld, allen voran die wenigen echten Freunde in meinem Leben, versuchten natürlich mit aller Macht, mich von dieser Hasardeursaktion abzubringen, wohl wissend, dass sie am Ende mal wieder in einem Fiasko enden würde. Aber nein, ich wußte es natürlich besser.

Und so zog ich die Sache durch, aber wie! Zuerst standesamtlich, wie es sich gehört. Verdammt, was sah meine Verlobte gut aus, in ihrem weißen Lederkostüm und den Stilettos. Ich war ein glücklicher Mann. Meine Freunde hatten ebenfalls ein Einsehen, und so erwarteten meine Frischangetraute und mich vor dem Rathaus ebendiese und eine Sängerin, ich glaube ihr Name war Monika Marschal, die uns den Titel „That’s what friends are for“ (Video) als Ständchen brachte. Ich war – wie immer – zu Tränen gerührt, auch ob der Botschaft, die dieser Song naturgemäß mit sich brachte. Einige Zeit später dann gab es auch noch eine kirchliche Hochzeit. Weniger wegen der Institution, sondern natürlich wegen der Party. Und diese fiel dann auch enstprechend feuchtfröhlich aus, Brautentführung inklusive. Der besagte Freund war übrigens auch da. Da er noch nichts getrunken hatte, konnte er mich prima durch die Stadt fahren, um nach meiner entführten Braut zu suchen. Und so zogen wir dann von Kneipe zu Kneipe, zahlten diverse Deckel und fanden schließlich einen Wirt, der mir auf meine Frage „Ist hier bei euch eine Braut abgegeben worden?“ knochentrocken antwortete: „Eine Braut haben wir hinten, aber das das deine ist, glaube ich nicht.“ Im Saal der Gaststätte fand tatsächlich ebenfalls eine weiße Hochzeit statt, und so kamen mein Freund und ich auf die naheliegende Idee, uns die Braut einfach mal kurz auszuleihen. Der Bräutigam fand die Idee auch toll (glaube ich), gab mir noch den Rat, ich möge bitte recht gut achtgeben auf die geborgte Braut, sie habe Zitat „Einen Braten in der Röhre“, und so kamen wir dann zu meiner eigenen Hochzeit mit der falschen Braut an. Ein Riesenhallo, die Stimmung war perfekt, alle waren guter Dinge. Zu späterer Stunde übrigens borgte sich der Bräutigam dann aus gleichen Gründen (glaube ich) meine Braut aus, kleiner Gag am Rande.

Es klappte also ganz hervorragend mit dem Solidewerden. Ich zog mit meiner Frau in eine kleine Wohnung, wir richteten uns mit wenig Geld so genütlich wie möglich ein, ich nahm einen Job bei einer Firma für Feuerlöschwartung an, alles in allem eine gute Zeit. Dachte ich. Denn die Geschichte sollte ein unverhofftes Ende nehmen. Im Rahmen meiner neuen Anstellung musste ich eine Sachkundeprüfung ablegen, damit ich die sicherheitsrelevanten Feuerlöscher auch entsprechend prüfen durfte. Hierfür musste ich einen Lehrgang bei einer Firma in der Nähe von Worms absolvieren, bei dem uns in wenigen Tagen eine Menge Stoff beigebracht wurde. Dazu noch die Fahrerei, als ich nach dem Lehrgang nach Hause kam, war ich also rechtschaffen im Arsch. Ich parkte den Firmenwagen vor unserem Haus und holte mir am Büdchen, welches neben dem Haus stand und durch unseren Vermieter betrieben wurde, mein wohlverdientes Feierabendbier. Folgerichtig fragte mich mein Vermieter dann auch: „Na, bisse kaputt? Wat machse denn heute noch so?“ Nichtsahnend antwortete ich ihm, ich würde mich mitsamt meinem Feierabendbier nur noch auf die Couch fläzen und fernsehen. „Dat kannze vergessen“ antwortete er, „Dat Sofa hat deine Alte auch mitgenommen“. Mitgenommen? Hä? Und vor allem AUCH mitgenommen? Was nun folgte, kann man nur als filmreif bezeichnen. Ich ließ Feierabendbier Feierabendbier sein, rannte die Stufen zu unerer Wohnung hoch, öffnete die Eingangstür und sah: Richtig, nichts! Das heißt, fast nichts. Meine mir angetraute geliebte Ehefrau hatte doch tatsächlich in meiner Abwesenheit nahezu die komplette Wohnung leergeräumt und unseren gesamten gemeinsamen Hausstand mitgenommen. Mit Ausnahme einer alten klapprigen Essecke, die vermutlich den Transport ohnehin nicht überstanden hätte. Bilder, Teppiche, Geschirr – Alles weg. Vor Überraschung klappte mir buchstäblich die Kinnlade herunter, ich habe in diesem Moment sicher ausgesehen, wie der oft zitierte begossene Pudel.

Um die ganze Sache kurz zu machen: Aus dieser Situation resultierten zwei Dinge. Zum einen eine aufgrund der kurzen Ehedauer problemlose Scheidung. Zum andern, wie sollte es auch anders sein, wieder mal ein Song. Voller Selbstbetrug, Kitsch und Jammerei. Und den werde ich euch natürlich auf keinen Fall vorenthalten.

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Komponist: André R. Kohl
Texter: André R. Kohl

Mein Kopf ist schwer, ich gehe ziellos durch die Straßen
es ist vorbei, denk‘ ich mir
und irgendwie kann ich’s noch gar nicht fassen
du bist nicht mehr bei mir
Ich sitze hier in einer leeren Wohnung
und starre kahle Wände an
und denke unentwegt: „Was tu ich zuerst?“
und dann will ich weinen und denk‘ doch nur daran
das alles schlimmer wär‘
wenn du noch bei mir wärst

Refrain:
Ich steh‘ noch, wie ein Boxer im Ring
ich steh‘ noch
Ich steh‘ noch, auch wenn ich angeschlagen bin
ich steh‘ noch
oder vielleicht schon wieder
versteh‘ doch, auch wenn ich viel Blut verlier‘
ich steh‘ noch
und sehn‘ mich gar nicht mehr nach dir
gar nicht mehr nach dir

Nur manchmal nachts kann ich nicht richtig schlafen
ich hab‘ mich wohl an dich gewöhnt
und weil die Taten meine Worte lügen strafen
hätt‘ ich mich fast mit dir versöhnt
Doch plötzlich habe ich dann eingesehen
ist erst die Rosa Wolke fort
dann macht sich viel zu schnell der graue Alttag breit
Ich weiß ja, eine Trennung, die kann weh tun, doch auch so manches liebe Wort
war sicher so gemeint
und endet doch im Streit

Refrain:
Ich steh‘ noch, wie ein Boxer im Ring
ich steh‘ noch
Ich steh‘ noch, auch wenn ich angeschlagen bin
ich steh‘ noch
oder vielleicht schon wieder
versteh‘ doch, auch wenn ich viel Blut verlier‘
ich steh‘ noch
und sehn‘ mich gar nicht mehr nach dir
gar nicht mehr nach dir

 

P.S.: Wer glaubt, ich hätte nach diesem Fiasko die Schnauze voll gehabt vom Heiraten, der irrt. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte!

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