Zwei Edelsteine

Als ich geheiratet habe, bekam ich nicht nur eine Ehefrau, sondern gleich eine komplette neue Familie, denn meine Frau brachte gleich zwei Töchter mit in die Ehe. Gerade für mich, der ich aus sagen wir mal eher schwierigen Verhältnissen stamme, war das eine massive Umstellung. Heraus aus dem Single-Leben, heraus aus meiner Männerhöhle, hinein in eine komplett neue Rolle. Immerhin: Die beiden Mädchen waren mehr oder weniger „aus dem Gröbsten heraus“, wie es der Volksmund so treffend sagt, denn meine zwei Grazien waren ja schon Teenager, zwölf und fünfzehn Jahre alt. Und mindestens einer von Ihnen, wahrscheinlich sogar beiden, war ich unerhört peinlich, besonders natürlich immer dann, wenn ich mal wieder auf irgendeiner Bühne den Schlagersänger zum Besten gab. Einen Vater brauchten die beiden auch nicht mehr unbedingt, sie hatten ja schon einen, einen netten noch dazu, mit dem ich zumindest schon mal Bier trinken und über Autos quatschen konnte. Soviel Glück hat beileibe nicht jeder Second-Hand-Ehemann. Also beschränkte ich mich darauf, für sie da zu sein, wenn sie es so wollten, und ihnen ansonsten dabei zuzusehen, wie aus diesen beiden Teenagern zwei großartige junge Damen wurden. Und war ganz und gar nicht unglücklich darüber, wie sehr sie mir dabei ans Herz wuchsen.

Jedem, der mich nach meiner Familie fragt, sage ich voller echtem, tief empfundenen Stolz: Ich habe zwei Töchter. Nicht etwa Stieftöchter. Beiden gehört mein Herz gleichermaßen, ich könnte sie nicht mehr lieben, wenn sie mein eigen Fleisch und Blut wären. Mehr noch: gerade die „Kleine“ ist mir in vielen Dingen so ähnlich, dass  ich beinahe kaum glauben kann, dass sie nicht meine leibliche Tochter ist. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass sich dieses Gefühl noch in irgend einer Art und Weise steigern ließe. Meine „Große“ jedoch belehrte mich am 3. Januar dieses Jahres eines Besseren, denn sie brachte zwei winzig kleine Wesen auf die Welt, die es anscheinend unerhört eilig hatten, ihren durchgeknallten Großvater völlig aus der Bahn zu werfen. Ein einziger Blick auf diese beiden zauberhaften Geschöpfe genügte, um mir Sturzbäche von Tränen der Rührung in die Augen zu treiben.

Zwillinge sind immer etwas ganz besonderes, diese beiden namens Marie und Emily jedoch sind es in ganz besonderem Maße. Ganze zehn Wochen vor der Zeit wurden sie geboren und kämpften sich mit jedem neuen Tag weiter vor ins Leben. Kaum größer als ein Blatt Papier, kaum schwerer als eine Flasche Limonade und doch so wunderschön anzuschauen. Gefühlte tausend mal am Tag hole ich mein Handy aus der Tasche und schaue mir die Fotos der beiden an, alle meine Freunde müssen sich diese Bilder ebenfalls ansehen, und zwar ob sie wollen oder nicht. Kurz: Ich bin derzeit sehr, sehr glücklich.

Morgen wird meine Große 29 Jahre alt. Kaum zu glauben, wie schnell die Zeit verflogen ist. Gerade noch saß ein pausbäckiges Mädchen mit mir am Mittagstisch und wir stritten scherzhaft um den letzten Fisch. Und ganz plötzlich ist da diese junge, unglaublich erwachsene Ehefrau und Mutter zweier Kinder, die ihr Leben um so vieles besser im Griff hat, als ich meines jemals hätte haben können. Stolzer als ich könnte niemand sonst sein. Gibt es einen besseren Grund, um ein neues Lied zu schreiben? Nicht viele, da halte ich jede Wette.

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Komponist: André R. Kohl
Texter: André R. Kohl

Viel zu früh kamt ihr in diese Welt
wir haben ängstlich die Tage gezählt
und so gehofft, dass ihr’s irgendwie schafft

Als ihr dann da wart, so winzig und klein
fast zu zerbrechlich um bei uns zu sein
wolltet ihr leben mit all‘ eurer Kraft

Ihr seid fast schon ein Wunder
ihr macht die Welt etwas runder
Hallo Marie, hallo Emily

Diese Lust auf das Leben
die sei euch immer gegeben
kleine Marie, kleine Emily

Wie wenig wichtig so manches doch wird
wenn man auf einmal ganz tief drinnen spürt
was es bedeutet, am leben zu sein

Und wie sich langsam der Fokus verschiebt
wenn man ganz einfach bedingungslos liebt
wird alles andere plötzlich ganz klein

Ihr seid fast schon ein Wunder
Ihr beiden Weltenerkunder
Hallo Marie, hallo Emily

Ich trag‘ euch tief in der Seele
und wenn ich von euch erzähle
kann ich die Liebe spür’n wie noch nie

Egal was ist, egal was war,
wir sind hier alle für euch da

Ihr seid ein richtiges Wunder
vielleicht nicht einfach mitunter
doch wir sind glücklich, dass es euch gibt

Ihr zwei seid niemals alleine
seid unsere zwei Edelsteine
genauso kostbar, genauso geliebt

genauso kostbar, genauso geliebt

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2 Kommentare zu “Zwei Edelsteine”

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