In den 80ern war das Feld der „Deutschsprachigen Popmusik“ noch nicht so sehr beackert, wie es das heute ist. Die wenigen ernstzunehmenden Vertreter dieses Genres waren der breiten Masse meistens eher unbekannt. Oder schlimmer noch: Sie wurden gnadenlos in die Schlager-Schublade verfrachtet, ungeachtet der dargebotenen Qualität. Vom eigenen Anspruch ganz zu schweigen. Eine Dame jedoch ließ sich einfach nicht in irgendeine Schublade pressen und schaffte quasi mühelos den Spagat zwischen Kunst und Kommerz. Ich mochte Ulla Meinecke. Weniger ihre Stimme oder die Art wie sie performte, ihre Texte jedoch waren im Vergleich zu meinen immer um Lichtjahre besser. Poetisch, nachdenklich, ironisch, leidenschaftlich und immer auf den Punkt. Ich beneidete sie ein wenig dafür. So wollte ich auch schreiben können. Konnte ich aber nicht. Und so habe ich mir eine Zeile, genauer gesagt vier kleine Worte, kurzerhand einfach „ausgeborgt“.
Die „Grand Dame der poetischen deutschen Popmusik“, so nennt sie der Pressetext ihrer Agentur, möge es mir verzeihen. Aber manche ihrer Sätze waren einfach so toll, sie wollten einfach nicht mehr raus aus meinem Kopf. Mir ging es ganz besonders so mit dem Titel „Schlendern ist Luxus“, welchen sie auf ihrem 1988er Album „Erst mal gucken – dann mal sehen!“ veröffentlichte. Gleich die ersten Worte, nämlich „Ein Abend wie Seide“, hatten mich irgendwie geflasht. Warum vermag ich heute gar nicht mehr genau zu sagen, ich mochte einfach dieses Bild, Chapeau, Madame! Und wie so oft, löste auch dieses meinen tief sitzenden „Schreibreflex“ aus. Aber anstatt es wie sonst tunlichst zu vermeiden, irgendetwas irgendwo bei irgendwem abzukupfern, beschloss ich, diese vier Worte eins zu eins zu übernehmen. Wahrscheinlich, weil es genau so ein Abend war. Wie Seide, zu schade, um ihn in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Aber keinesfalls zu schade, um ein paar Zeilen aufs Papier zu bringen.
Und so setzte ich mich hin und schrieb. Die Worte flossen nicht nur, sie schwappten geradezu über. Und wieder einmal geriet ich in diesen wundervollen trance-ähnlichen Zustand, bei dem ich mich hinterher über das wunderte, was ich Minuten vorher höchstselbst zusammengereimt hatte. Und fast dreißig Jahre später geht mir das immer noch so 😛
Am vergangenen Wochenende war mir nach der sehr gitarrenlastigen Nummer meines letzten Beitrages mal wieder nach etwas ruhigem. Und nach ein wenig Blättern und Herumprobieren kam ich auch ziemlich schnell auf einen Nenner. Daher habe ich heute einen Titel für euch, den ich ohne Ullas Initialzündung wohl nie geschrieben hätte: „Der Ring, den du trägst“
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Komponist: André R. Kohl
Texter: André R. Kohl
Ein Abend wie Seide,
mich hält nichts zuhaus‘,
da plötzlich steht sie in der Tür.
Nach all der Zeit, die
längst verloren schien,
ist sie auf einmal wieder hier.
So vertraut, als ob nie was geschah‘,
doch ganz plötzlich, da wurde mir klar:
Refrain:
Der Ring, den du trägst, ist die Grenze
zwischen Lust und Tabu,
der Ring, den du trägst, ist kein Spiel,
und ich weiß,
ich hab‘ nicht den Mut dazu,
denn dieser Ring, den du trägst, sagt mir
das du einem ander’n gehörst,
drum verzeih‘,
denn du trägst seinen Ring und ich weiß,
das ist noch lang‘ nicht vorbei …
Ihr Blick für mich war wie ein
„Tut mir Leid“,
dann dreht sie sich herum und geht.
Und ich steh‘ immer noch
ganz ratlos da
und hoffe, dass sie mich versteht.
Heute trennt uns, was uns einst verband,
denn du trägst seinen Ring an der Hand.
Refrain:
Der Ring, den du trägst, ist die Grenze
zwischen Lust und Tabu,
der Ring, den du trägst, ist kein Spiel,
und ich weiß,
ich hab‘ nicht den Mut dazu,
denn dieser Ring, den du trägst, sagt mir
das du einem ander’n gehörst,
drum verzeih‘,
denn du trägst seinen Ring und ich weiß,
das ist noch lang‘ nicht vorbei …